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Dass vegane Ernährung einen enormen Einfluss auf den CO2 Abdruck eines Menschen hat, ist mittlerweile zu vielen Menschen durchgedrungen. Unsere CO2 Bilanz wäre selbst dann deutlich besser, wenn wir unsere Würstchen, Milch und Käse durch Sojaprodukte oder Ähnliches ersetzen würden. Aber mal ganz ehrlich, wenn wir uns angucken was für lange Transportwege unsere Lebensmittel zurück legen, wie lange sie gekühlt werden müssen und unter welchen Bedingungen sie angebaut und verarbeitet werden. Wenn wir uns vor Augen führen, wie unsere Art zu konsumieren sich auf Klima, Biodiversität, Ressourcen sowie Menschenleben auswirkt, sollten wir zu dem Schluss kommen, dass wir dieses System der Ausbeutung und Zerstörung nicht mehr unterstützen wollen. Wir merken: So richtig ist es auch keine Lösung das Steak durch die Avocado zu ersetzen und sich ständig von Bananen zu ernähren, ohne zu wissen was hinter dem Produkt steckt, das wir eigentlich konsumieren. Wir müssen Wege finden eine gesunde und gute Ernährung für ALLE Menschen (nicht nur Europäer) auf diesem Planeten nachhaltig zu sichern. Wir müssen transparente Konzepte entwickeln, die auf einem respektvollen Umgang mit der Natur basieren. Böden, Gewässer, Meere, Grundwasser und Wälder müssen geschützt werden, denn sie sind die Grundlage jeglichen Lebens.
Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden und eine ressourcenschonende, zukunftsfähige Lebensweise zu entwickeln, müssen grundlegende Veränderungen in verschiedensten Bereichen stattfinden. Eine regionale und saisonale Produktions- und Konsumweise ist meiner Meinung nach ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Zum Einen werden so Transportwege verhindert und der CO2 Abdruck gemindert. Zum Anderen werden Böden und Gewässer durch eine lokal angepasste, biologische und vielfältige Landwirtschaft, die auf die jeweiligen örtlichen, sozialen und ökologischen Bedingungen zugeschnitten ist, geschützt. Nur so kann auf lange Sicht die Ernährung der Weltbevölkerung gerecht gesichert werden.
Nun ist regionale Ernährung keine neue Erfindung. Eigentlich ist unsere globalisierte Art zu konsumieren sogar ziemlich jung, was es umso seltsamer macht, dass man den Eindruck hat, sie sei völlig normal und irgendwie die auch unabdingbar. Lebensmittel werden nur noch als Produkte wahrgenommen und wir ernähren uns größtenteils völlig losgelöst von der Natur und ihrem Zyklus. Für uns sind fast alle Lebensmittel ständig verfügbar. Das verändert unsere Wahrnehmung und Wertschätzung. Wie ich beim Klimafasten gemerkt habe, wusste ich häufig überhaupt nicht, wo die Dinge, die ich vorher gegessen habe, wirklich herkommen und unter welchen Bedingungen sie wachsen.Wie wachsen z.B. Datteln oder Feigen? Wie sieht eigentlich ein Mangobaum aus? Ich habe wirklich keine Ahnung.
Als ich mich im Rahmen unseres BuJu Klimafastens entschieden habe nur regionale und saisonale Lebensmittel zu essen, war mir nicht bewusst, wie weitreichend diese Umstellung sein würde. Ich dachte bei meiner Entscheidung eigentlich nur an das Gemüse. Nüsse, Reis, Linsen, Öle, kurz meine bisherigen Standardlebensmittel, kamen mir zuerst gar nicht in den Sinn. Erst bei näherer Betrachtung der Lebensmittel in meinem Regal wurde mir bewusst: das wird ganz schön schwer! Eine konsequente regionale und saisonale Ernährung umzusetzen, ist definitiv mehr als nur einen Erntekalender aufzuhängen und sich daran zu orientieren.
Meine Hauptnahrungsquelle waren in diesen Tagen vorrangig Lauch, Möhren, Kartoffeln und rote Beete. Aber ich habe auch Bekanntschaft mit Gemüse gemacht, das ich sonst nie gekauft hätte, wie Pastinaken oder Knollensellerie. Zu Beginn habe ich einfach nur darauf geachtet, dass mein Gemüse und Obst aus Deutschland kommt. Aber je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto genauer wollte ich wissen, wo es eigentlich herkommt. Eigentlich wäre es doch schön den Ort zu kennen, wo mein Essen angebaut oder verarbeitet wird. So kam ich auf das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi). Dies ist eine Form landwirtschaftlicher Finanzierung, bei der die Mitglieder*innen einen festgelegten Betrag pro Monat an den/die Bauer*in zahlen, der/die so, finanziell abgesichert, Lebensmittel produziert, dessen Abnahme er/sie sich durch die Mitglieder*innen, die wöchentliche Ernteanteile bekommen, sicher sein kann. Die zentralen Ideen dieser Initiativen sehe ich neben finanziellen Aspekten vor allem bei dem Gemeinschaftsgedanken und dem Wunsch, über die genauen Produktionsbedingungen der Lebensmittel Bescheid zu wissen. Ich denke, dass SoLaWi’s großes Potential haben, da sie durch ihre transparente Art zu wirtschaften zeigen, wie gut umsetzbar nachhaltige und faire Alternativen zum globalisierten, anonymen Konsum sind.
Es gibt viele verschiedene SoLaWis, die in der Nähe von Berlin anbauen und ihre Produkte hier her liefern. Die Biokräuterei, Hof Apfeltraum, der Spörgelhof, die wilde Gärtnerei oder der Gartenhof Staudenmüller wären einige Beispiele. Der einzige Hof, den ich gefunden habe, der auch in Berlin anbaut, war Hof SpeiseGut. Noch war ich nicht dort, werde das aber in den nächsten Wochen definitiv nachholen!
Insgesamt muss ich zugeben, dass wirklich abwechslungsreiches Einkaufen nicht möglich war. Zumindest nicht in den „normalen“ Läden. Meine Intention gleichzeitig auch noch plastikfrei zu kaufen, wurde bei meinem ersten Besuch im unverpackt Laden zunichte gemacht. Es gab nur sehr wenige Produkte aus Deutschland, was mich ziemlich erstaunt hat. Nur von Haferflocken und Gemüse zu leben, war für mich aber auch keine Option. Also habe ich mich für den Besuch im Bioladen entschieden. Dort habe ich dann doch relativ viel gefunden, das aus Deutschland kam. Es war eine ziemlich neue und interessante Erfahrung durch den Laden zu laufen und für den Kauf der Produkte vor Allem auf ihre Herkunft zu achten. Ich habe die Dinge auf einmal mit anderen Augen angeschaut als vorher. Und hinaus kam ich mit einem Einkauf, den ich sonst niemals so gemacht hätte. Hirse, Grünkern, Dinkel, Dinkelgrieß, Hafer und Buchweizen waren meine Entdeckungen.
Was mir beim Einkaufen ziemlich schnell auch aufgefallen ist, war, dass das Produktionsland zwar häufig gekennzeichnet war, es aber fast nie einen Vermerkt über die Region gab. Dazu kommt, dass bei verarbeiteten Lebensmitteln nur das Land angegeben wir, wo die Verarbeitung stattfindet. Beispielsweise werden italienische Aprikosen, die in Deutschland getrocknet wurden demnach als deutsch gekennzeichnet und man kann als Verbraucher gar nicht mehr nachvollziehen, wo das Produkt wirklich herkommt. Ich hatte den Eindruck, dass es einem wirklich schwer gemacht wird, schnell zu prüfen, ob ein Produkt aus der Region kommt. Man muss gefühlt alles immer drei Mal umdrehen, bevor man die Information vielleicht finden kann. Ein richtig verbindliches Kennzeichen für regionale Produkte gibt es nämlich gar nicht. Anders als für „bio“ ist bei „regional“ gar nicht gesetzlich festgelegt, was das eigentlich bedeutet. Die Hersteller und Anbieter können demnach regional drauf schreiben, wo immer sie wollen. Die Kennzeichnung „regional“ wird oft für Dinge benutzt, die gar nicht aus der Region kommen. Es gibt zwar vertrauenswürdige Label, aber Sie sind wirklich nur sehr selten zu finden. Bei so viel fehlender Transparenz war es für mich sehr mühsam in normalen Supermärkten einzukaufen. Aber das hat mich zu neuen spannenden Alternativen geführt. Hier kommen also nun meine Entdeckungen:
Wie schon bei den SoLaWis beschrieben ist der direkte Kontakt zwischen Verbraucher und Produzent eigentlich die beste Methode um nachhaltig einzukaufen. Aber das ist zugegeben etwas schwieriger als im Supermarkt einzukaufen.
Generell ist die Markthalle 9 in Kreuzberg eine gute Anlaufstelle um regional-saisonal einzukaufen. Leider ist es dort aber auch ziemlich touristisch. Man kann beispielsweise auch handgemachten Bio-Tofu bei den Tofutussis kaufen, das geht sogar unverpackt. Alternativen sind Wochenmärkte wie z.B der Winterfeldtmarkt eine gute Möglichkeit direkt beim Produzenten einzukaufen.
Eine andere Entdeckung während des Fastens war Urgetreide, also Getreide, das in den letzten Jahrzehnten nicht „optimiert“, heißt genetisch angepasst, wurde. Reiner Dinkel, Einkorn, Emmer oder Hirse zählen unter Anderem zu diesen Getreidesorten, die sehr vielseitig einsetzbar sind und z.B. als Reisalternativen verwendet werden können. Das Kultivieren dieser Pflanzen anstelle von Weizenmonokulturen leistet einen großen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität, ist angepasst an lokale Bedingungen und zudem auch noch eine Hervorragende Nährstoffquelle. Da der Kauf dieses Getreides sich als etwas schwierig herausgestellt hat, habe ich mich entschlossen, Menschen in meinem Umfeld für den kollektiven Kauf zu gewinnen und dann per Internet zu bestellen. Ein Hof, der ein großes Angebot hat und der mir sehr sympathisch vorkam, war Chiemgaukorn. Es gibt aber auch noch viele andere Höfe.
Wenn du jetzt denkst: Saisonal schön und gut aber 70Euro/ Monat nur für Gemüse ausgeben?! (ein SoLaWi Anteil bewegt sich meistens um diesen Preis herum) Selbst wenn ich will kann ich mir das nicht leisten! Da muss ich zugeben, dass es auf den ersten Blick sehr teuer aussieht. Aber bei näherem Betrachten wirst du merken, dass es wie in so vielen Bereichen vor allem um bewussten Konsum geht. Dass du an anderen Ecken, nämlich da, wo du vorher unbedacht Geld investiert hast, sparen kannst und genau dieses Geld kannst du dann in hochwertige Lebensmittel investieren. Mit jeder Kaufentscheidung und mit jedem Bissen investierst du so in ein zukunftsfähiges System.
Und damit du nun auch loslegen kannst um dich möglichst regional und saisonal zu ernähren, habe ich dir hier ein paar Tipps zusammengestellt, die dir dabei helfen können.
Nimm dir am Besten nicht alles gleichzeitig vor, sondern gehe Schritt für Schritt.
Also dann: Rann an den Speck – oder lieber die Kartoffel !
von Tale