Auf den Wegen der Trolle oder des Plastiks?
Vom 22. bis 25. Mai 2025 waren wir zu fünft in Norwegen für einen Study Visit, um die Organisation Vart Hav kennenzulernen.
„From Volunteering to Active Participation“ – eine Begegnung in Bodø, Norwegen.
„Ding, Dong, Ding, Dong – Vorsicht an Gleis drei, der Zug gen Norden fährt ein“
Für uns fünf Aktiven und Mitarbeitenden der BUNDjugend Berlin – Anita, Anja, Felix, Ella und mich, Anna – beginnt an diesem Maitag am Berliner Hauptbahnhof ein Abenteuer, das sich als weit mehr entpuppt, als wir zu diesem Zeitpunkt ahnen.
Bodø, Nordnorwegen. Eine Stadt oberhalb des Polarkreises, umgeben von Fjorden, schroffen Felswänden und leider auch von Plastikmüll. Genau dorthin führt uns die internationale Jugendbegegnung „From Volunteering to Active Participation“, ein von Erasmus+ geförderter Internationaler Fachaustausch, organisiert mit der Nordnorwegischen Umweltorganisation Vårt Hav („Unser Meer“). Ziel ist nicht nur der Austausch, sondern vor allem das Lernen durch aktives Handeln: Küstenschutz, Umweltbildung und internationale Zusammenarbeit. Vårt Hav arbeitet praxisnah – mit Schulworkshops, Strandsäuberungen, Sommerjobs und Projekten für Jugendliche, bei denen man nicht nur über Umweltschutz spricht, sondern ihn aktiv lebt. Besonders spannend für uns als BUNDjugend Berlin ist, wie Umweltbildung in arktischer Natur, bei Wind und Wetter in dünn besiedelten Regionen funktioniert und wie wir unsere eigene Struktur als Jugendorganisation in dieses Projekt einbringen können.
Schulbesuche, bei denen sich alle die Hände schmutzig machen
Ein zentraler Bestandteil unseres Aufenthalts: Clean-ups mit vier verschiedenen Schulen. In kleinen Teams organisieren wir an zwei Tagen Strandsäuberungen mit teils über 60 Grundschulkindern, die Orte könnten unterschiedlicher nicht sein, von urbanen Buchten bis hin zu abgelegenen Felsstränden. Aber überall das gleiche Bild: zersetzte Fischernetze, Plastikdeckel, Schnüre, Tüten, Styropor. Der Sand knirscht beinahe, wenn man sich hinkniet und wir greifen zu – wortwörtlich. Hände in den Matsch, unter Algen, zwischen Steinen, es riecht nach Salz, Seetang, manchmal auch nach Verwesung. Die Kinder sind begeistert, rufen laut und entdecken. Wir lachen, staunen, und ekeln uns auch manchmal. Und trotzdem: wir machen weiter! Alle packen an! Wir sind nicht nur Beobachter*innen! Diese Clean-ups sind anstrengend, aber auch unglaublich befriedigend, denn sie zeigen: Bildung wird kraftvoll, wenn man sie mit echter Erfahrung verbindet.
Mich beeindruckt, wie die norwegischen Lehrkräfte mit ihren Klassen arbeiten. Die Mischung aus Naturerlebnis, Gruppenarbeit und konkretem Wissen funktioniert hervorragend. Besonders auffällig: wie viel Eigenverantwortung den Schüler*innen zugetraut wird. Auch mit uns klappt die Verständigung erstaunlich gut – Norwegisch, Englisch, Hände, Füße und Lachen, das reicht oft, wenn der Sinn klar ist: Wir schützen die Umwelt!
Workshops, Diskussionen und gegenseitiges Lernen
Neben den Aktionen in er Natur entwickeln wir in Workshops neue Bildungsmaterialien. Wir teilen unsere Workshop-Formate zu Klimagerechtigkeit, Konsum und Biodiversität, diskutieren Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Dabei wird schnell klar: Während Vårt Hav sehr praxisnah arbeitet, liegt unsere Stärke in der politischen Bildung und im Vermitteln komplexer Zusammenhänge, etwa zwischen Klimakrise, Ressourcenverbrauch und globaler Ungleichheit. Wir merken aber auch: Das eine schließt das andere nicht aus. Im Gegenteil, gemeinsam denken wir Formate neu: Strandsäuberung trifft Konsumkritik, ein Fund von Plastiktüten wird zum Gesprächsanlass über globale Lieferketten.
Was diese Begegnung aber besonders macht: Unsere Gruppe ist bunt gemischt – jüngere und ältere Teilnehmende, Erfahrene und Neueinsteigerinnen kommen zusammen. Gerade diese Vielfalt an Perspektiven, Erfahrungen und Hintergründen schafft eine besondere Dynamik. Jeder bringt sich ein, sowohl mit eigenen Standpunkten als auch mit Ideen und Fragen.
Was bleibt? Perspektiven und das Gefühl, dass es jetzt erst losgeht!
Wir sprechen auch über strukturelle Fragen: Wie gelingt Jugendbeteiligung auf dem Land? Welche Rolle spielt Mobilität, Sprache, Zugang zu Fördermitteln? Wie organisiert man Freiwilligenarbeit nachhaltig, in Norwegen und in Deutschland?
Denn gerade hier zeigt sich: Wir können viel voneinander lernen. Unsere Erfahrung mit selbstorganisierten Strukturen trifft auf die pragmatische, lösungsorientierte Herangehensweise von Vårt Hav. Besonders inspirierend ist der Perspektivwechsel – Stadt vs. Land, Theorie vs. Praxis, Küste vs. Kiez. All das wollen wir künftig stärker in unserer eigenen Arbeit berücksichtigen.
Diese Reise zeigte: Wenn Menschen sich begegnen, gemeinsam anpacken, offen zuhören und ehrlich teilen, dann entsteht mehr als ein Austausch. Dann entsteht Veränderung. Wir haben Müll gesammelt und Ideen! Wir haben inspiriert und uns inspirieren lassen!
Ich habe gelernt, es braucht nicht viel – nur Menschen, die gemeinsam anpacken, denn dann kann aus einer einfachen Idee, etwas richtig Großes werden!

Über die Autorin
Ich bin Anna Luisa Wandelt, 22 Jahre alt, komme aus Berlin und studiere Journalismus und Unternehmenskommunikation. Seit dem Norwegen-Projekt bin ich bei der BUNDjugend Berlin aktiv, denn am liebsten bin ich dort, wo Menschen und Ideen aufeinandertreffen.















