BUNDjugend  

Kommentar zum Koalitionsvertrag

Am 29. November stellten die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE den gemeinsamen Koalitionsvertrag vor, der aufzeigt, wie Berlin in den nächsten 5 Jahren regiert werden soll. Als BUNDjugend Berlin wollen wir deshalb dieses Papier nicht unkommentiert lassen und auf die Perspektiven der jungen Menschen in der Stadt aufmerksam machen.

Jugendbeteiligung

Wenn es um Kinder und Jugendliche geht, möchte sich die Koalition für mehr Chancengleichheit einsetzen und macht das auch in einigen Punkten glaubhaft. Doch vergisst sie dabei einen wichtigen Punkt: die Beteiligung. Vielen Jugendlichen und insbesondere Kindern fehlt mit dem Wahlrecht ein wichtiges Mittel der gesellschaftlichen Partizipation. Soziales Engagement wird zudem häufig gesellschaftlich nicht anerkannt und so wird die Beteiligung an wichtigen politischen Prozessen erschwert. Deswegen sollte unsere Stimme im neuen Landesdemokratiefördergesetz besonders einbezogen werden. Denn wir sind es, die am längsten mit den jetzt getroffenen Entscheidungen leben müssen.

Wichtig ist uns deshalb auch die Stärkung der Schüler*innenvertretungen, aber darüber hinaus die stärkere Beteiligung bei Themen, die auf den ersten Blick nicht direkt mit Jugendlichen zu tun haben. Beispielhaft sind dafür die geplante Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages mit dem RBB, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für junge Menschen attraktiver zu machen, die Planung vom ÖPNV und dem nicht motorisierten Individualverkehr, an dem junge Menschen überproportional teilnehmen, oder auch das Thema Wohnen.

Wir begrüßen die geplante Initiative der Koalition, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, und die weitere Förderung der Jugendverbandsarbeit. Räume und Gestaltungsmöglichkeiten für junge Menschen, wie sie in der Jugendarbeit geboten werden, sind ein wichtiges Mittel, um die Entfaltung von Kindern und Jugendlichen zu fördern.

Klimaschutz

Die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist die Klimakrise, die schon zu lange vernachlässigt wurde. Umso wichtiger ist es, dass auch das Land Berlin alles in ihrer Macht Stehende unternimmt, um die Erderwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Diesem Ziel hat sich die Koalition zwar auf dem Papier verschrieben, doch der notwendige Wandel ist aus den angekündigten Maßnahmen nicht zu erkennen:

Die Koalition möchte die Treibhausgasemissionen von Berlin bis 2030 um 70 % reduzieren, doch hat nicht festgelegt, wann sie die komplette Klimaneutralität erreichen wird. Dabei ist bekannt, dass wir bis 2035 klimaneutral sein müssen (Studie), um eine nicht beherrschbare Klimakatastrophe abzuwenden.

Zudem sollen weiter Straßen geplant und Autobahnen gebaut werden, statt den Autoverkehr – verantwortlich für knapp 30% der Berliner Treibhausgasemissionen (Quelle) – zu reduzieren. Und solange alle paar Minuten ein Flugzeug abhebt, kann ein Flughafen kein „klimaneutraler Airport“ werden, wie es die Koalition anstrebt. So wird nicht nur die Zukunft gefährdet, sondern auch die Möglichkeit verkannt, die Lebensqualität durch ruhigere Straßen, weniger Feinstaub und sicherere Mobilität zu erhöhen.

Damit die Koalition dem 1,5-Grad-Limit, dem sie sich selber im Koalitionsvertrag verschrieben hat, gerecht werden kann, muss sie ihre Maßnahmen deutlich nachschärfen. Wichtige Schritte dafür sind eine Verkehrswende und ein Ausstieg aus der fossilen Wärme (Potenzialstudie Wärmewende).

Wohnen

Wohnen ist in Berlin ein Reizthema, das im Besonderen auch junge Menschen betrifft. Wenn wir Geld verdienen, ist es nicht viel, und viele von uns wohnen noch unfreiwillig bei unseren Eltern. Es fehlt aber nicht unbedingt an Wohnraum, sondern viel mehr an bezahlbarem Wohnraum. Deshalb unterstützen wir auch die Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen, die sich dafür einsetzt, den Berliner Wohnungsmarkt gemeinwohlorientierter zu machen.

Umso enttäuschter sind wir über die Verschleppung des Volksentscheides, zu dem der Senat erst 2023 eine Entscheidung fällen möchte. Die Entscheidung ist am 26.09.2021 von den Berliner*innen getroffen worden: 59,1% stimmten für JA!

Wir werden die nächsten Jahre der Regierung weiterhin genau auf die Finger schauen und für unsere Partizipationsrechte eintreten. Dabei hoffen wir, dass sie ein offenes Ohr für uns hat und bereit für den Dialog ist. Wir sehen die Chancen für ein klimagerechtes und sozialeres Berlin und werden nicht aufhören, dafür laut zu werden!