BUNDjugend  

Feiern, aber in Grün!

September 2023: Das „Future Party Lab“, organisiert vom Projekt „Clubtopia“, geht in die nächste Runde. Ich durfte bei mehreren Workshops der diesjährigen Veranstaltung teilnehmen und wurde dadurch auf das Thema „Nachhaltigkeit der Club- und Festivalkultur“ aufmerksam.

Eine nachhaltige Club- und Festivalkultur, geht das?

Future Party Lab 2019 (c) Marcus Bläsing

Die Ziele für Deutschlands Hauptstadt stehen fest: Klimaneutralilät bis spätestens 2045. Um dieses Ziel zu erreichen muss auch die Berliner Clubkultur mitziehen. Denn mit einem Ausstoß von 30 Tonnen CO2 pro Jahr ist ein kleiner Berliner Club nicht gerade sparsam. Dieser verbraucht somit im Durchschnitt an einem Wochenende so viel Strom wie ein Single-Haushalt im ganzen Jahr. Um das zu ändern haben der BUND Berlin und clubliebe e.V. das Projekt „Clubtopia“ 2019 ins Lebens gerufen. Gefördert wird das Projekt durch die Berliner Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt. Clubtopia bietet Clubs, neben einer kostenlosen Energieberatung, unter anderem auch eine umfangreiche Klimaberatung an, den „Green Club Guide“. Der von Clubtopia 2021 veröffentlichte „Code of Conduct“ kann von Clubs in Berlin, mittlerweile aber auch von Clubs in Hamburg, Köln und Bremen, unterschrieben werden und unterstützt diese bei der Verbesserung ihrer CO2-Bilanz. Seit dem haben sich deutschlandweit bereits 50 Clubs dem Code of Conduct verpflichtet. Außerdem fördert Clubtopia mit verschieden Workshops und Informationsveranstaltungen, im Rahmen des Future Party Labs, die Bildungs- und Aufklärungsarbeit im Bereich Nachhaltigkeit der Club- und Festivalszene. Abseits von der Arbeit in Berlin, will das 2022 gegründete Schwester-Projekt „Zukunft feiern!“ den Nachhaltigkeitsgedanken auch in Clubs außerhalb von Berlin weitertragen. Allerdings sei das Nachtleben prekär aufgestellt, sagt Ina Friebe, Pressesprecherin von Clubtopia. „[…] [F]inanzielle Unsicherheiten, temporäre Mietverträge, wechselnde Teams […]“. Dies sorge dafür, dass den Clubs nur wenig Zeit und finanzielle Ressourcen zur Verfügen stehen, um sich mit Nachhaltigkeit beschäftigen zu können. „Corona und die Energiekrise haben diese Situation noch verschärft“, so Friebe. Nichts desto trotz sei neben den genannten Projekten von Clubtopia, das „Green Club Training“, ein weiterer Erfolg. Seit 2022 bietet Clubtopia diese kostenlose Online-Schulung an. Clubmitarbeiter*innen könnten so zu Nachhaltigkeitsmanager*innen weitergebildet werden. Die Antriebskraft für diese schwierige, aber eben auch wichtige Arbeit von Clubtopia sei pure Überzeugung. „Der Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit ist notwendig und die Clubszene kann als Teil der Kulturszene ein kreativer Motor dafür sein, im Nachtleben schlummert viel Potenzial für Klimaschutz und Klimakommunikation“, so Friebe. Gleichzeitig mangele es an Förderungen und (politischer) Unterstützung. „[…] Clubs sind Teil der lebendigen Kreativszene von Berlin und sollten auch als solche anerkannt werden […]“.

Und wie sieht es mit der Festivalkultur aus?

Green Club Training (c) Tina Eichner

Seit April 2023 gibt einen neu entwickelten Code of Conduct, der sich explizit an Festivals und Open Air-Veranstaltungen richtet. Das „Orange Blossom Special“ (OBS) beispielsweise, nominiert für den HELGA!-Festivalpreis 2023, hat den neuen Code of Conduct bereits unterschrieben. „Das Thema Nachhaltigkeit liegt uns schon lange am Herzen […]“, so der Festival-Chef Rembert Stiewe. Die größten Erfolge könne das OBS in den Bereichen Müll und Mobilität verzeichnen, durch die Einbindung eines Mehrwegsystems für Getränke und mehr Fahrradparkplätze. Auch der Upcycling-Workshop erfahre riesigen Zuspruch. Allerdings sei wiederholt zu sehen, dass viele Nachhaltigkeitsmaßnahmen noch nicht von Besucher*innen wahrgenommen werden. Auch die Kommunikation und das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsmaßnahmen, reiche im Team noch nicht aus. Des weiteren ginge die energetische Sanierung des Festival-Backstage-Gebäudes nur schleppend voran. Im Bereich soziale Nachhaltigkeit gebe es dafür aber große Erfolge: 118 Sozialtickets für Bedürftige seien durch ein Solidaritätsbeitrag anderer Käufer*innen finanziert worden. Auch die Arbeitsbedingungen und Arbeitsatmosphäre seien besonders gut. So gewann das OBS 2022 den HELGA!-Festivalpreis in der Kategorie „Wohligstes Gewerkel“. Außerdem verzeichne das OBS eine stabile Repräsentation marginalisierter Gruppen, sowohl in der Crew als auch auf der Bühne. Rückschlag seien, die noch nicht in Gänze umgesetzten Bemühungen zur Inklusion. Das OBS genieße aber auch Vorteile: „Ein wesentlicher Vorteil ist die Anbindung des stationären Festivalgeländes an das örtliche Stromnetz, sodass wir Ökostrom verwenden und komplett auf Diesel-Aggregate verzichten können.“ Feste Einbauten und kurze Wege auf dem Festival Gelände würden Verkehrsbewegungen vermeiden. „Nachteil des stationären Festivals: Unser Standort liegt in peripherer Lage. Angesichts dessen, dass das Publikum aus ganz Deutschland und darüber hinaus anreist […] verursachen wir viel Individualverkehr.“, so Stiewe.

Die Club- und Festivalkultur als Treiber für mehr Nachhaltigkeit!

Eine nachhaltige Club- und Festivalkultur kann als Werkzeug bzw. Katalysator für die Umwelt- und Klimabewegung dienen. Ich sehe ein enormes Potenzial darin Menschen positiv zu beeinflussen, ohne dass man sie im Rahmen einer belehrenden Aufklärungssituation mit Umwelt- und Klimapolitik konfrontiert. In Clubs und auf Festivals die Freude am Feiern und der Musik mit Nachhaltigkeit zu verbinden bietet eine Chance viele Menschen aller Altersgruppen für den Klima- und Umweltschutz zu gewinnen und zu begeistern. Denn wenn der Lieblingsclub, das Lieblingsfestival oder die Lieblingskünstler*innen es vormachen, ist der Schritt zur Eigeninitiative nur noch ein kleiner.

Tim Hesse, FÖJler bei der BUNDjugend Berlin